Neurofeedback bei Trauma, Schmerz, Sucht / tDCS auch 1 Jahr nach Schlaganfall / Neurofeedback und tDCS kombinieren / Biofeedback bei Schmerz und Stress - es gab viele neue Impulse für die Therapie
Zwei Jahre musste das traditionelle Anwendertreffen Neuromodulation pausieren. Der persönliche Austausch und die direkten Rückmeldungen haben uns allen gefehlt. Umso wertvoller war deshalb das Treffen von über 30 Therapeut:innen, Ärzt:innen und Psycholog:innen Ende Juni in Ilmenau. Gern teilen wir mit Ihnen die neuen Erkenntnisse und Impulse aus der Veranstaltung:
Neuro- und Biofeedback für Patienten mit chronischem Trauma und mit Suchterkrankungen
Vernachlässigung, Gewalt oder Missbrauch im Kindesalter hinterlassen Schäden im Gehirn: Netzwerke können sich nicht ausbilden, einzelne Hirnareale bleiben unterentwickelt. Die geistigen Funktionen und die psychische Entwicklung werden beeinträchtigt, die Fähigkeiten zur Selbstregulation bleibt zurück oder ganz aus, es entstehen Bindungs-, Angst-, Kommunikationsstörungen und so weiter und so fort. Die Folgen sind schwerwiegend: asoziales Verhalten, manifeste psychiatrische Störungen, chronische Schmerzen, Sucht, Kriminalität.
Edith Schneider, Ergotherapeutin und Ärztin in Stuttgart, berichtete über Neurofeedback als eine effektive Therapie für Menschen mit schwerem Trauma: Bei allen Betroffenen setzt sie SCP-Neurofeedback ein, um die Selbstregulation und Selbstwahrnehmung zu fördern. Durch die Stärkung der Netzwerkverschaltungen können Schmerzen reduziert und eine Vielzahl psychischer Auffälligkeiten sowie der Suchtdruck verbessert werden. Mit fortschreitender Stabilisierung wendet sie zusätzlich Frequenzband-Neurofeedback an. Dieses kann den Schlaf verbessern und Stress, Schmerz, Ängste reduzieren. Alle Protokolle führen sie mit dem THERA PRAX® aus.
Dass durch eine verbesserte Selbstregulation auch der Suchtdruck kontrollierbar wird, bestätigte Farid Hässelbarth vom Suchtrehabilitationszentrum Tagwerk in Stuttgart. Viele seiner Rehabilitant:innen haben schwere Traumata erlitten. In der Therapie erleben sie, dass sie mit Neurofeedback lernen können, sich selbst wahrzunehmen und den Suchtdruck auszuhalten und auszuschalten, so dass das Rückfallrisiko abnimmt.
Wir bedanken uns herzlich bei Sigfried Trattner für den Einblick in seine persönliche Geschichte und seinen Weg der Trauma- und Suchtbewältigung in der Praxis von Edith Schneider.
Wenn Sie sich tiefer mit dem Thema beschäftigen möchten, bietet sich der Workshop „Schmerzen und Trauma – therapeutische Möglichkeiten mit Neurofeedback und Biofeedback“ an. Der nächste Workshop findet am 17. – 18. September 2022 in Frau Dr. Schneiders Praxisräumen in Stuttgart statt.
Edith Schneider und ihre Kolleg:innen bieten außerdem praxisgerechte Grund- und Aufbaukurse zum Neurofeedback an.
SCP-Feedback und Biofeedback in Kombination – mit dem THERA PRAX®
Julia Schanz und Alexis Tsatsanidis zeigten, dass das THERA PRAX® nicht nur das Gerät der Wahl für best practice und therapeutisch wirksames SCP-Neurofeedback ist, sondern dass es auch das Biofeedback beherrscht:
Bei Migräne setzen die Therapeuten zusätzlich zum SCP-Training regelmäßig das Vasokonstriktionstraining – ein etabliertes Verfahren zur Migränetherapie - ein. Durch einen Pulsoximeter-Sensor auf der Stirn können Betroffene lernen, die Durchblutung der Arteria temporalis superficialis willentlich zu reduzieren und dadurch die Migräneattacke zu beenden oder zumindest die Schmerzintensität zu lindern. Frau Schanz demonstrierte das Training am THERA PRAX® MOBILE mit der Biofeedback-Erweiterung.
Elektromyographie-EMG-Feedback wird in der Praxis Schneider ebenfalls mit dem THERA PRAX® durchgeführt, um die bewusste An- und Entspannung der Muskulatur zu erlernen. Die Therapeuten verwenden dazu Klebeelektroden, die sie an den entsprechenden Bereichen, anfangs zumeist beidseitig am Trapeziusmuskel, anbringen. Der EEG-Verstärker des Gerätes ist in der Grundausstattung bereits für das EMG ausgelegt. Das Protokoll kann im nC-Explorer eingestellt werden. Das EMG-Training wird in der Praxis Schneider bei Schmerzpatienten mit dem SCP-Neurofeedback kombiniert und dient unter anderem der Psychoedukation.
Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) – kann Schlaganfall-Patienten auch noch nach Monaten helfen
Der Vortrag von Herrn Schmidt-Staub, Facharzt aus Hannover, zeigte wieder auf beeindruckende Weise, wie vielfältig die tDCS in Psychiatrie und Neurologie eingesetzt werden kann. Er präsentierte Fallbeispiele von Patient*innen, denen er mit Neuromodulation helfen konnte, nachdem Standardtherapien versagt hatten und er ermunterte ausdrücklich dazu, die tDCS auch dann einzusetzen, wenn das Ereignis bereits Monate bis Jahre zurückliegt, und um einzelne Problemfelder stufenweise anzugehen. Im vorgestellten Fall hatte der Patient bereits ein Jahr vor tDCS-Beginn einen Schlaganfall und litt noch an vielfältigen Einschränkungen und Schmerzen. Durch tDCS konnten zuerst die Schmerzen gelindert werden. Es folgten motorische Verbesserungen. Der Patient war hochmotiviert, mit der tDCS fortzufahren und profitierte schlussendlich auch von der Depressionsbehandlung.
Herr Schmidt-Staub betonte außerdem die Vorteile der tDCS gegenüber anderen Neuromodulationsverfahren bzw. die ergänzenden Einsatzmöglichkeiten zu Verfahren wie Neurofeedback. Sehr wichtig ist ihm auch die hohe Flexibilität, die ihm das kleine Stimulationsgerät ermöglicht. Nach einer Schulung kann er es seinen Patient*innen direkt mit nach Hause geben bzw. Patienten in Einrichtungen oder zuhause besuchen.
Kombinationstherapie: tDCS – Psychotherapie – SCP-Neurofeedback
In die Praxis der Psychologin Andrea Schramm kommen Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen oder mit Problemen in der Stressbewältigung, Schlaf-, Konzentrations-, Gedächtnisstörungen, mentaler Erschöpfung, Kopfschmerz. Frau Schramm arbeitet schon lange mit Neuromodulationsverfahren und hat verschiedene Therapiekonstellationen ausprobiert. Schließlich kam sie für sich zu der Erkenntnis, dass tDCS (1 – 2 mA, Rehabilitationsprotokoll) mit gleichzeitiger Psychotherapie und direkt anschließendem SCP-Neurofeedback die Symptome frühzeitiger lindern kann, dadurch die Motivation fördert und zu langfristigen stabilen Veränderungen führen kann. An vier Beispielen legte sie den Erfolg ihres Therapieansatzes anschaulich dar. Gerade für Patienten, die eine Stagnation ihrer Lebenssituation erleben, eröffnet dieser Denkansatz neue Perspektiven.
Anmerkung der neurocare: Die tDCS kann außerdem in Kombination mit kognitivem Training oder mit einem Motorik- oder Sprechtraining durchgeführt werden.
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Unseren Referentinnen und Referenten sprechen wir unseren großen Dank dafür aus, dass sie uns so tiefgründige Einblicke in ihre Arbeitsweise gegeben haben.
Wir bedanken uns auch herzlich bei Katja Müller von der Praxis Lorenz in Ohrdruf, und bei Martha König, selbstständige Ergotherapeutin in Ilmenau. Am "Fachtag Neuromodulation", der am Freitag vor dem Anwendertreffen stattfand, sprachen beide ausführlich über den Weg, den sie in der Praxis mit Neurofeedback und mit tDCS gegangen sind und wie sie heute damit arbeiten, mit Ärzten und Patienten kommunizieren und welche Erfolge sie erzielen.
Als Veranstalter freuen wir uns über das Interesse am direkten Fachaustausch und über die Neugier darauf, wie andere Therapeuten und Ärzte Neurofeedback, tDCS usw. einsetzen und sie miteinander kombinieren.
Wir laden Sie herzlich ein, die einzelnen Methoden näher kennenzulernen. Hier finden Sie unser Schulungsangebot.
Gern halten wir Sie über zukünftige Veranstaltungen auf dem Laufenden. Abonnieren Sie dazu unseren Newsletter oder schreiben Sie uns direkt an: info@neurocaregroup.com
Quelle: istock ID: 825187492 alvarez