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Rückblick: Anwendertreffen und Fachtag 2024

Geschrieben von neurocare group AG | 19.07.2024 08:17:51
tDCS und Neurofeedback: Praxiserfahrung und Forschungserkenntnisse im Fokus - Erfolgreiche Tagung mit renommierten Vortragenden und insgesamt knapp 50 Gästen

Es war uns wieder eine Freude, knapp 50 Fachleute aus Ergotherapie, Logopädie, Medizin und Psychologie zum nunmehr 15. Anwendertreffen Neuromodulation und dem vorgeschalteten Fachtag zu begrüßen. Hier teilen wir die Highlights und spannenden Erkenntnisse zum Neurofeedback (NF) und zur transkraniellen Gleichstromstimulation des Gehirns (tDCS), die unsere Gastredner in die Veranstaltung eingebracht haben.

Werfen Sie auch einen Blick auf die Galerie am Ende des Artikels, um einen optischen Eindruck von der Tagung zu erhalten.

Themenschwerpunkt tDCS

Nicht-invasive Gehirnstimulation bei Epilepsie - auch bei Kindern
Prof. Dr. Jürgen Sperner aus Lübeck stellte einen innovativen Ansatz zur Behandlung von teils schweren Epilepsien vor. In seiner Zeit als Abteilungsleiter für Neuropädiatrie der Medizinischen Universität zu Lübeck und als niedergelassener Neuropädiater und Epileptologe behandelte er auch viele Kinder und Jugendliche mit tDCS. Er berichtete, dass 20 – 30 % der Betroffenen einen Nutzen durch die kathodale tDCS über dem epileptischen Fokus erfahren. Die Behandlung muss jedoch über einen längeren Zeitraum in kurzen Abständen wiederholt werden, um die Wirkung aufrecht zu erhalten. Interessant ist, dass kurzfristige tDCS-Effekte mit langfristigen VNS*-Effekten zu korrelieren scheinen. Daher kann tDCS als Entscheidungshilfe für oder gegen die Implantation eines VN-Stimulators dienen.
*VNS: Vagusnervstimulation – eine gut untersuchte invasive Therapiemethode zur Prophylaxe von epileptischen Anfällen.

Erstmals beim Anwendertreffen: tDCS in der Logopädie
Carsten Kroker berichtete über Evidenz und Erfahrungen zur tDCS bei Aphasie, Dysphagie und Stottern. Er zeigte, dass auch in der Logopädie intensiv an Neuromodulation geforscht wird. Aphasie und Dysphagie treten häufig nach Schlaganfällen auf und die Elektrodenposition der tDCS richtet sich nach der Indikation. Beim Stottern soll die tDCS die Stotterblocks reduzieren und scheint in ersten Studien eine interessante Alternative zu den gängigen fluency Sharing und non avoidence Verfahren zu sein. Herr Kroker setzt die tDCS in seiner Praxis sehr häufig ein, z. B. in 2- bis 4-wöchigen Intensivtherapien mit täglichen Sitzungen. Wir freuen uns sehr, dass durch seinen Vortrag erstmals auch Logopäden am Anwendertreffen teilgenommen haben.
Literaturempfehlung: Leitfacen zur Elektrotherapie in der Logopädie

Neuromodulation beim Long-Covid-Syndrom
Ein sehr durchdachtes Therapiekonzept beim Long-Covid-Syndrom stellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Frank Schmidt-Staub vor. Das Konzept sieht eine personalisierte Kombination aus Neuromodulation, Medikation, Psychoedukation, Infusions-, Nährstoff-, Ketamintherapie und weiteren Bausteinen vor. Die tDCS wird personalisiert ambulant und in Heimanwendung eingesetzt und führte in einzelnen Fallbeispielen u. a. zu Stimmungsaufhellung, Stabilisierung, Verbesserung von Fatigue, Schlaf und Suchtmittelkonsum. Durch ausführliche psychiatrische Diagnostik fand sich bei vielen Patienten eine bisher nicht bekannte ADHS. Interessant die Frage, ob fallweise ein Zusammenhang zwischen ADHS und Post-Covid-Syndrom besteht.

Innovationen aus der neurocare group: tES-Haube für leichtere Handhabung und höheren Patientenkomfort
Auch die neurocare group hat über spannende Innovationen zu berichten, insbesondere im Bereich der tES. Um die Hirnstimulation einfacher und komfortabler für Patienten zu gestalten, haben wir zusammen mit WarmX und der TU Ilmenau eine textile Stimulationshaube mit Elektroden aus leitfähigem Silikongarn entwickelt. Diese Haube vereinfacht die Abläufe in der Therapie und in Studien und ermöglicht auch die angeleitete tDCS-Therapie im heimischen Umfeld des Patienten. 

Hier erfahren Sie mehr.

Themenschwerpunkt Neurofeedback

Neurofeedback bei Epilepsie - nachhaltige Wirksamkeit macht Mut
Mit ihrer Forschungsarbeit an der Universität Tübingen konnte Frau Dr. Ute Strehl einmal mehr zeigen, dass SCP-NF bei Patienten mit therapieresistenter fokaler Epilepsie die Anfallshäufigkeit und -intensität verringern kann, und das auch noch 10 Jahre nach Behandlungsende. Unter dem Titel “ein Mutmacher für nicht ganz so Mutige“ stellte sie im Anwendertreffen ein holistisches verhaltenstherapeutisches Konzept unter Einbindung des SCP-NF ausführlich vor und zeigte, wie die Therapie in der Praxis zielführend umgesetzt werden kann.
Mehr erfahren: Sustained Reduction of Seizures in Patients with Intractable Epilepsy after Self-Regulation Training of Slow Cortical Potentials – 10 Years After - PMC (nih.gov)
Epileptologie: Neurofeedback in der Epilepsie – Schweizerische Epilepsie-Liga

Neurofeedback: Auswertung langwieriger und schwieriger Patientenfälle
Unsere langjährige Referentin Edith Schneider schilderte, wie sie Therapieverläufe und die Auswirkung des SCP-Trainings auf die Frequenzbänder detailliert analysiert. Besonders bei langwierigen Therapien stärkst belasteter Patienten nutzt sie den neuroConn Analyzer, um die Wirksamkeit des NF zu überprüfen und das Training anzupassen. Der Analyzer ist ein Analysetool für das THERA PRAX®, mit dem alle Frequenzbänder, Frequenzbandverhältnisse, ereigniskorrelierte Potentiale gemessen und im Zeitverlauf analysiert werden können, um das Training wirksamer zu gestalten.

Neurofeedback bei ADHS - Evidenz
Dr. Hartmut Heinrich fasste die aktuelle Evidenz zum NF bei ADHS zusammen: Die in der S3-Leitlinie geführten Protokolle SCP, Theta/Beta und SMR zeigen in RCTs* auf Grundlage spezifischer wie auch unspezifischer Faktoren eine signifikante Reduktion der ADHS-Symptomatik und gelten als wirksame Therapien bei ADHS. Die Wirkung ist vergleichbar mit der Verhaltenstherapie (VT). In neueren RCTs berichten die Eltern über deutliche Effekte. Wichtig zu wissen: Diesen Studien wurden mit deutlich strengeren Kontrollbedingungen durchgeführt als z. B. Studien zur klassischen VT.
In der Zukunft sollten adaptive Protokolle für eine bessere Individualisierung erforscht werden.
*RCT: Randomisierte kontrollierte Studie - Goldstandard bei klinischen Studien.
Literaturhinweis:
Handbuch ADHS (kohlhammer.de) – Das Buch befindet sich in umfassender Überarbeitung. In die 3. Auflage fließen dann auch die neuesten Erkenntnisse zur Studienlage bei ADHS mit ein.

Neue Neurofeedback-Software bald verfügbar
Auf dem Anwendertreffen gab es einen exklusiven Einblick in unsere neue NF-Software, die voraussichtlich noch im 2. Halbjahr 2024 marktreif sein wird. Die Software mit dem Namen neurosam wird auf allen THERA PRAX® Systemen ab Windows® 10 laufen. Freuen Sie sich schon heute auf eine innovative, zeitgemäße und gut handhabbare NF-Software, die sowohl unsere evidenzbasierten Protokolle für SCP-Feedback als auch für das Frequenzband-Neurofeedback vereint.


Wir danken allen Referentinnen und Referenten für die tiefgehenden Einblicke in ihre Arbeitsweise und Forschungsergebnisse. Ein ganz besonderer Dank geht an Katja Müller und Diana Hemming aus der Praxis Lorenz, die während des "Fachtages Neuromodulation" umfassend über ihre Arbeit mit tDCS und Neurofeedback berichteten und wertvolle Tipps zur Integration der Methoden in den therapeutischen Alltag gaben.

Das nächste Anwendertreffen Neuromodulation wird am 21. und 22. Juni 2025 erneut in Ilmenau stattfinden. Auch der Fachtag ist wieder für den Freitag vor dem Anwendertreffen geplant.

In der Zwischenzeit bietet die neurocare academy das ganze Jahr über professionelle und intensive Schulungen zu tDCS und Neurofeedback an. Hier können Sie unser Schulungsangebot einsehen.

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